Die britische Labour-Partei will die von Premierminister Boris Johnson geforderte vorgezogene Neuwahl im Dezember nun doch unterstützen. Parteichef Jeremy Corbyn sagte vor einer für Dienstag geplanten Abstimmung im Parlament, nach der Einigung der übrigen EU-Mitgliedstaaten auf einen erneuten Brexit-Aufschub sei ein chaotischer EU-Austritt ohne Abkommen nun ausgeschlossen. Damit sei die Bedingung der größten britischen Oppositionspartei für die Neuwahl erfüllt.
Johnson will im Laufe des Tages im Parlament eine Gesetzesänderung durchsetzen, um am 12. Dezember Neuwahlen ansetzen zu können. Er benötigt dafür die absolute Mehrheit im Unterhaus, auf die er mithilfe der Opposition kommen kann.
Zuvor hatten bereits die Liberaldemokraten und die Schottische Nationalpartei SNP signalisiert, dass sie eine Neuwahl im Dezember unterstützen könnten. Sie hatten sich allerdings zunächst für den 9. Dezember als Wahltermin ausgesprochen. Sie wollten damit die Zeit, die Johnson für die Ratifizierung seines Brexit-Deals bleibt, möglichst verkürzen. Außerdem erhoffen sie sich von einer Wahl vor Beginn der vorlesungsfreien Zeit an der Universität mehr Stimmen. Beide Parteien wollen den Brexit verhindern, junge Briten gelten als stärker proeuropäisch als ihre Eltern und Großeltern.
Johnson, der über keine Mehrheit im Parlament verfügt, will mit der Wahl eines neuen Parlaments den festgefahrenen Brexit-Streit lösen. Dafür will er noch am Dienstagnachmittag ein Gesetz für eine vorgezogene Neuwahl durch das Unterhaus bringen. Mit dem Kniff will der Premier die eigentlich für eine solche Wahl notwendige Zustimmung von zwei Dritteln aller Abgeordneten umgehen. An der Hürde war der Premierminister am Montag bereits zum dritten Mal gescheitert.
Mit der Unterstützung der kleineren Parteien für das Wahlgesetz hatte Labour sein Veto verloren, weil schon eine einfache Mehrheit zur Verabschiedung ausreicht. Labour steht derzeit in den Umfragen relativ schlecht da. Die Traditionspartei versprach sich von einer Neuwahl im kommenden Jahr bessere Chancen.
Die Scheidung Großbritanniens von der EU war ursprünglich schon für den 29. März vorgesehen, wurde aber im Frühjahr zweimal verschoben. Johnsons Vorgängerin Theresa May kam mit ihrem mit Brüssel vereinbarten Brexit-Deal im Parlament nicht durch. Auch Johnson scheiterte mit einem nachverhandelten Deal.
Die Europäische Union hatte sich daher am Montag auf eine flexible Brexit-Fristverlängerung ("Flextension") um bis zu drei Monate geeinigt. Demnach soll der EU-Austritt spätestens am 31. Januar erfolgen. Er ist aber auch eher möglich, wenn eine Ratifizierung des Austrittsabkommens vorher gelingt.
spiegel
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